Das WEB 2.0. hat sehr viele Neuigkeiten mit sich gebracht. Die wohl Wichtigste ist die Interaktion[1] zwischen Internet-Nutzern und Produzenten, d.h. der User kann gleichzeitig als Produzent agieren. Er kann also ohne weiteres Inhalte selber ins Netz stellen.
Die Social Media änderte auch den Alltag. Informationen, die vor dem digitalen Zeitalter nur den engsten Bekannten zugänglich war, sind mittlerweile für eine breite Öffentlichkeit sichtbar. Auf Facebook und Twitter werden nicht nur die Bilder vom letzten Urlaub gepostet, auch private Informationen werden hier veröffentlicht. Der Begriff der Privat- bzw. Intimsphäre müsste neu definiert werden.
Die Arbeitgeber- bzw. Vermieterschaft befriedigen sich nicht mehr mit klassischen Informationen, die Bewerbenden werden auch „gegoogelt“. Laut Duden bedeutet etwas googeln[2] „mit Google im Internet suchen“.
Mittlerweile produziert die Gesellschaft auch zeitgemässe Sprichwörter in Zusammenhang mit dem Internet: „Das Netz vergisst nicht“ oder „das Internet vergisst nie“. Um diese Aussagen zu verstehen, braucht man heutzutage keine Technikaffin zu sein. Damit kommt im Zeitalter des Internets dem Persönlichkeitsschutzrecht eine besondere Bedeutung zu, weil das Vergessen schwieriger wurde.
Die natürliche Persönlichkeit ist durch das geltende Recht geschützt. Aber ob die Persönlichkeit im Internet auch durch die allgemeinen Regelungen vollumfänglich geschützt werden, ist fraglich. Der Grundsatz „was im Alltag erlaubt ist, ist auch im Netz erlaubt und umgekehrt ist im Netz nicht erlaubt, was in der Realität verboten ist“ genügt für den Umgang mit Social-Media-Straftaten nicht. Denn kommunikationstechnisch betrachtet, gibt es wichtige Nuancen. Der wichtigste Unterschied ist, dass ein vollumfängliches Vergessenwerden technisch gesehen nicht mehr möglich ist. Was einmal veröffentlicht wurde, bleibt unendlich im Internet. Cybermobbing und Sexting können beispielsweise das Leben eines jungen Menschen ruinieren.
Seit mehreren Jahren wird über das selbstbestimmte Internet in Verbindung mit dem Recht auf Vergessenwerden besonders diskutiert, namentlich im europäischen Raum. Dabei handelt es sich um ein komplexes Konzept. Denn in den meisten Fällen müsste man Informationen löschen, die durch Meinungsäusserungs- und Informationsfreiheit geschützt werden. Denn ohne Löschung ist auch kein Vergessen möglich.
Das Recht auf Vergessenwerden schreibt vor, persönliche Datenspuren des Einzelnen im Internet durch Suchmaschinen bzw. Betreiber der entsprechenden Website zu löschen.[5] Mit anderen Worten bedeutet dieses rechtliche Konzept, dass gewisse Daten nicht dauerhaft zur Verfügung stehen dürfen. Das Recht auf Vergessenwerden ist ausserdem das Recht, selber über das langzeitige Vorhandensein von persönlichen Informationen zu entscheiden.[6] Der EDÖB hat auch eine ähnliche Definition entwickelt: „Das Recht auf Vergessenwerden im Internet bezeichnet die Möglichkeit, über die eigenen digitalen Spuren und das eigene Online-Leben (privat oder öffentlich) zu bestimmen.“[7] Ersichtlich ist, dass alle Definitionen das selbstbestimmte Internet in den Vordergrund stellen.
Ramazan Özgü